Von Wolf Tekook, 2010
Eine liebe Freundin „schenkte“ mir diesen Namen, um meine künstlerische Arbeit kurz und treffend zu beschreiben. Wie die Couturiers aus der Modewelt schneide ich mir aus fotografischem Rohmaterial meine Bilder zu einem hoffentlich ansehnlichen Ergebnis.
Ausgangspunkt sind immer – ausschließlich eigene – Fotos. Menschenbilder entstehen vorwiegend in meinem Fotostudio, seltener in freier Wildbahn. Die Kamera begleitet mich auf nahezu allen Wegen und Reisen. Ich suche gezielt meine Motive, wie bei den Vorbereitungen meines Buches Philemon und Baucis, als ich annähernd 2000 geeignete Bäume in ganz Europa ablichtete. Viele Rohbilder entdecke ich aber einfach am Wegesrand: Das Detail einer alten verwitterten Mauer, ein verbogenes Stück Metall, ein bei Nacht beleuchtetes Fenster, eine Baumrinde in Makroansicht. Dank der Möglichkeiten der digitalen Fotografie ist so ein Archiv von mehreren hunderttausend Fotos gewachsen, aus dem ich für meine Bilder auswähle.
Am Computer entstehen aus den Rohdaten die fertigen Arbeiten. Bereits Mitte der 80er Jahre habe ich die Zeichenstifte, Kohlen und Kreiden beiseitegelegt und mich mit der damals gerade sich entwickelnden digitalen Bildbearbeitung beschäftigt. Seit 1990 heißt mein wichtigstes Arbeitsmittel Photoshop. Waren am Anfang die Möglichkeiten eingeschränkt und das Malen mit Tastatur und Maus ein schwieriges Unterfangen, bleiben heute mit schnellen Computern, ausgereiften Programmen und feinfühligen Eingabegeräten wie dem Grafiktablett keine Wünsche mehr offen. Für alle, die sich von Anfang an mit den Möglichkeiten der digitalen Bildbearbeitung befassen, gab es weder akademische Lehrer noch Bücher, die einem weiterhelfen konnten; Experimentieren war angesagt, das Ausloten der Möglichkeiten, Gemeinsamkeiten und Unterschiede zur Arbeit mit Pinsel und Kreide.
Aus mehreren, oft vielen Ausgangsfotos entstehen durch Kombinieren, Überlagern und Mischen, Ausschneiden und Übermalen die fertigen Bilder. Am Ende dieses Prozesses werden die Arbeiten auf Leinwand ausgedruckt und auf Keilrahmen gezogen. Da ich die Kontrolle über das Ergebnis nicht verlieren möchte, führe ich auch diesen Schritt mit eigenen Großformatdruckern aus. Der letzte Arbeitsschritt – zumindest bei einigen Bildern – ist das Übermalen und Akzentuieren mit den klassischen Methoden der Malerei.
Thematisch lasse ich mich gerne von Literatur inspirieren, von der Mythologie und Philosophie der Antike bis zu zeitgenössischer Lyrik. Die bisher erschienen zwei Bücher mit meinen Arbeiten beweisen dies: Bei Philemon und Baucis stand die gleichnamige Geschichte aus Ovids Metamorphosen Pate, für das Buch HAUTKontakt gab es eine perfekte Zusammenarbeit mit der Hamburger Schriftstellerin Johanna Renate Wöhlke, die zu jedem Bild ihre poetischen Gedanken formulierte. Aktuell inspiriert mich die morgenländische Lyrik des mittelalterlichen Persiens sowie das Hohelied Salomos aus vorchristlicher Zeit.
Stilistisch bemerke bei mir ich eine Tendenz zur stärkeren Abstraktion, allerdings nicht in der Form einer Visualisierung mathematischer Gleichungen. Ausgangspunkt bleiben stets Fotografien von real Existierendem, und auch das Endergebnis soll den Betrachter die Ausgangssituation zumindest erahnen lassen.